Stellen Sie sich vor, Sie sind Recruiter in einem mittelständischen Unternehmen und suchen dringend einen jungen, Social-Media-affinen Mitarbeiter, der selbstständig und zuverlässig arbeitet. Sie denken an einen jungen Berufseinsteiger. Doch dann betritt ein Mann Ende 30 Ihr Büro. Er hat einen Dreitagebart, sein Hemd ist ungebügelt – vielleicht nicht ganz nach Ihrem persönlichen Geschmack, aber darüber kann man hinwegsehen. In der Hand hält er den Ihnen vertrauten Wisch von der Agentur für Arbeit. Passt dieser Bewerber auf Ihre Stelle?
Menschliche Schutzmechanismen ad absurdum!
Recruiterinnen und Recruiter haben im Laufe ihrer Karriere viele direkte Erfahrungen mit Menschen aus den unterschiedlichsten Bereichen gesammelt. Diese Menschenkenntnis ist ein wertvolles Werkzeug, um bei der Stellenbesetzung die richtige Entscheidung zu treffen. Ein Teil dieser Menschenkenntnis ist jedoch auch biologisch in unserem Gehirn verankert und beruht auf Schutzmechanismen, die uns in der Natur beim Überleben helfen sollten. Was unseren Vorfahren einst half, Gefahren zu erkennen und sich in einer fremden Umgebung zurechtzufinden, kann heute im persönlichen Kontakt mit anderen Menschen zu Vorurteilen und Schubladendenken führen.
Dies kann dazu führen, dass Menschen falsch kategorisiert werden und sich Stereotype verfestigen, während Empathie und echte Verbundenheit auf der Strecke bleiben. Sozialpsychologische Studien haben sogar gezeigt, dass stereotypisierte Gruppen ihr Verhalten den negativen Erwartungen anpassen können. So entsteht ein Kreislauf aus Ablehnung und Vorurteilen, der immer schwerer auf den Schultern des Bewerbers lastet. Die gute Nachricht: Genauso leicht passen sich Menschen auch an „positive Vorurteile“ an!
Diversität vs. Individualität: Nicht in Schubladen denken, sondern Individualität zulassen
„Der Mann Ende 30 ist kein Digital Native“, mögen Sie denken. Aber erinnert er Sie nicht an einen früheren Bewerber, der Ihre Erwartungen nicht...